Seit bereits 75 Jahren ist die CDU in Langenargen aktiv. Im Folgenden wollen wir die geschichtliche Entwicklung des Ortsverbands kurz darstellen.
Eine erste Art Vorgängerorganisation der CDU gab es bereits seit 1919: die katholische Zentrumspartei und die hier von Evangelischen getragenen Deutsche Demokratische Partei auf kommunaler Ebene zum „Verein der bürgerlichen Parteien“ zusammengeschlossen hatten. Dieses System versprach Erfolg: Die bürgerliche Sammlungsbewegung erreichte bei den Gemeinderatswahlen von 1919 bis 1931 zwischen 63% und 73% der Stimmen und stets eine Zweidrittel-Mehrheit der Gemeinderatssitze.
In dem stark katholisch und durch die Zentrumspartei geprägten Oberdorf war eine Sammlungsbewegung nicht vonnöten – Die zentrumsnahen Kandidaten traten zumeist als „Bürgerliche Wählerverinigung“ an und erhielten sämtliche Sitze.
1946 wurde die CDU als überkonfessionelle bürgerliche Sammlungsbewegung ins Leben gerufen. Überkonfessionell deshalb, da man Lehren aus der konfessionsbedingten parteipolitischen Zersplitterung in der „Weimarer Repuplik“ ziehen wollte.
Nach dem 2. Weltkrieg war die CDU eine wirkliche Neugründung: Sozialdemokraten und Kommunisten, später auch die liberale Demokratische Volkspartei (DVP, Bezeichnung der F.D.P. im Südwesten) konnten an die organisatorischen Strukturen der Weimarer Zeit anknüpfen.
Dennoch legte die CDU Wert darauf, in ihren Kreisausschüssen, also den Vorständen auf Landkreis- ebene, jeweils beide Konfessionen in führender Position zu repräsentieren – eine Art frühe freiwillige Quotierungsempfehlung, um dem paritätischen Ansinnen der Überkonfessionalität entsprechen zu können und den Namensbestandteil „Union“ bewusst in die politische Praxis umzusetzen.
Treibende Kraft der CDU-Gründung im Teilort Langenargen war Oberlehrer Franz Miller, Schulleiter der ehedem Katholischen Volks- und anschließenden Gemeinschaftsschule. Bereits vor der offiziellen Gründung der Ortsgruppe trafen sich Gleichgesinnte im „Elisabethenhaus“ an der Klosterstraße zu entsprechenden Vorberatungen. Ein daraus hervorgegangener „Aktionsausschuss“ beantragte schließlich beim „Gouvernement Militaire“, der französischen Besatzungsbehörde in Tettnang, am 3. August 1946 in der Gaststätte zum „Bahnhof“ eine Ortsgruppe der CDU ins Leben rufen zu können. Dieser Antrag wurde bewilligt und die CDU Langenargen konnte vom besagten Datum an mit 25 Gründungsmitgliedern und Oberlehrer Franz Miller als Vorsitzendem offiziell in das kommunal- politische Geschehen eintreten. Zu weiteren Vorstandsmitglieder waren Robert Pirker (stv. Vor- sitzender), Ferdinand Knam, Georg Stoll, Georg Wocher, Reinhard Trampert und Paul Magg gewählt worden.
Oberlehrer Franz Miller, Schulleiter, Gründungsvorsitzender der CDU-Ortsgruppe Langenargen. (Gemeindearchiv Langenargen)
Auch in Oberdorf erfolgte die Gründung einer eigenen CDU-Ortsgruppe, weil man dort gehofft hatte, die nationalsozialistische Verwaltungsreform von 1937 samt Verlust der Selbständigkeit als Gemeinde wieder rückgängig machen zu können. Im Amt des Vorsitzenden der Oberdorfer Ortsgruppe fungierte der Landwirt Alois Vögele. Die Gründungsversammlung ist in den Archivalien der Gemeinde Langenargen nicht dokumentiert, eine erste öffentliche Versammlung kann für den 11. September 1946 nachgewiesen werden. Zur Vereinigung beider CDU-Gliederungen kam es erst am 17. Januar 1973, neuer Vorsitzender der CDU auf dem Gebiet der Gesamtgemeinde war sodann Müllermeister Albrecht Karge.
In ihrer weiteren Entwicklung nach dem Gründungsakt war die CDU, wie nahezu allerorten im württembergischen Oberland, so auch in Langenargen, außerordentlich erfolgreich. Sie stellte mit Alfred Wocher den ersten Nachkriegsbürgermeister. Er war zunächst auf Vorschlag des Pfarrers und Dekans Johannes Funk von den Franzosen eingesetzt und am 15. September 1946 durch 93,5% der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in einer Direktwahl bestätigt worden. Die Kommunalwahlen im Jahr 1946 erbrachten der CDU 71% bei der Gemeinderats- und knapp 60% bei der Kreisversammlungswahl. Erste CDU-Gemeinderäte waren Malermeister Max Hamm, Landwirt Vinzenz Loser (Tuniswald), Fischermeister Gotthard Kitt, Gärtnermeister Ferdinand Knam, Kaufmann Robert Pirker und Landwirt Alois Vögele (Oberdorf). Robert Pirker vertrat Langenargen zudem in der Kreisversammlung (später Kreistag) des Landkreises Tettnang. Ebenfalls knapp 60% erreichte die Langenargener CDU bei der Wahl zum Landtag von Südwürttemberg-Hohenzollern am 18. Mai 1947. Abgeordneter wurde Bernhard Lieb, Kaufmann aus Friedrichshafen. Die erste Bundestagswahl 1949 erbrachte den örtlichen Christdemokraten mit 65,8% erneut einen überragenden Wahlerfolg. Gewählter CDU-Kandidat im Wahlkreis Ravensburg-Tettnang-Wangen war übrigens Dr. Kurt Georg Kiesinger, nachmaliger Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg und dritter Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.
Die von der Militärregierung zugelassenen Parteien stellten wichtige Grundsäulen des demokratischen Wiederaufbaus in Deutschland dar. Angesichts der Kriegsfolgen wurde die Kommunalpolitik dieser Jahre allerdings weniger von parteipolitischen Strategien als vielmehr von grundlegenden Versorgungsfragen geprägt. Langenargen hatte unmittelbar nach dem Krieg 3.800 Einwohner, etwa 600 derselben waren bis Januar 1946 als Geflüchtete und Heimatvertriebene neu hinzugekommen, davon allein 261 Fliegergeschädigte aus Friedrichshafen. Zahlreiche Gebäude wurden von der französischen Besatzungsmacht beschlagnahmt, der Mangel an Wohnraum sowie umfassende Requirierungen stellten dementsprechend eine fortwährende Herausforderung dar. Die Lebensmittelversorgung gestaltete sich vielfach prekär, der örtliche Arbeitsmarkt hingegen war aufgrund der Anforderungen der Besatzungsmacht von Vollbeschäftigung, allerdings auf niedrigem Lohnniveau, geprägt. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass zahlreiche Kriegsversehrte sowie, zu diesem Zeitpunkt, 110 gefallene sowie 226 vermisste deutsche Soldaten demselben nicht mehr zur Verfügung standen. Bereits im Juli 1945 war der Schulbetrieb wieder aufgenommen worden, erste kirchenmusikalische Aufführungen bedeuteten kleine Lichtblicke im ansonsten noch weitgehend gelähmten öffentlichen Leben. Zu einem wirklichen Aufschwung, ökonomisch und mental, gelangten die zur Bundesrepublik vereinigten Zonen erst durch die „Politik der Westbindung“ ihres damaligen Bundeskanzlers, dessen Name wie kein anderer auch mit der Gründungsphase der CDU verbunden ist: Dr. Konrad Adenauer.
Textquellen:
-Fuchs, Andreas: „Demokratischer Wiederaufbau: Gemeindeverwaltung und Parteien in Langenargen 1946-1949.“ In: Wocher, Christoph et al. (Hg.): „Langenargen zwischen Krieg und Frieden. Geschichte – Schicksale.“ Überlingen, Arguna, 1999. S. 379-388.
-Brinkmann, Manfred W.: Dokumentation zur Geschichte der CDU in Langenargen und Oberdorf, Datensammlung im Gemeindearchiv Langenargen.